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Kein Grund zum Feiern: Das Jubiläum des §218 StGB

Die Einschränkung der reproduktiven Selbstbestimmung per Gesetz wird am 15. Mai 150 Jahre. Der PARITÄTISCHE SH gratuliert nicht.

Mit der Proklamation des deutschen Kaiserreiches fand der sogenannte „Abtreibungsparagraf 218“ seinen Platz im Reichsgesetzbuch. Die 150 Jahre alte Rechtsnorm bleibt trotz zwischenzeitlicher Reformierung Teil struktureller Ungleichbehandlung von Frauen. Diese werden im Falle einer ungewollten Schwangerschaft bei Abbruchwunsch zunächst kriminalisiert, denn die Voraussetzungen für einen straffreien Abbruch sind ein Beratungsgespräch in einer anerkannten Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle, eine medizinische oder eine kriminologische Indikation. Diese Regelung greift tief in das Recht auf reproduktive Selbstbestimmung ein, insbesondere in das von Frauen.

Gleichzeitig werden Ärzt*innen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, durch den §219a daran gehindert, basale medizinische Informationen auf ihren Websites zur Verfügung zu stellen, wie die Verurteilung der bekannten Ärztin Kristina Hänel belegt. Das Thema polarisiert und an vielen Orten erschweren Abtreibungsgegner*innen ratsuchenden Menschen den Zugang zu Beratungsstellen – unabhängig von deren Anliegen. Denn Schwangerschafts(konflikt)beratungsstellen beraten professionell und vielfältig: von Fragen der Sexualaufklärung, Verhütung und Familienplanung oder Auseinandersetzung mit pränataler Diagnostik bis hin zu sozialrechtlichen Fragestellungen und wirtschaftlichen Hilfen für Schwangere.

Neben den Beratungsstellen muss jedoch auch die praktische Möglichkeit eines Abbruches vorhanden sein. In Schleswig-Holstein droht mittelfristig ein medizinischer Versorgungsengpass, die Lage verschärft sich zunehmend. An der Westküste werden bereits heute Versorgungslücken deutlich. Der PARITÄTISCHE SH setzt sich für den sicheren Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen als Teil der Grundversorgung ein und fordert das Land auf, gemeinsam mit den beteiligten Akteur*innen eine geeignete Strategie zu entwickeln, denn wenn Engpässe erst die Regel sind, ist es definitiv zu spät.