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Publikation der BAfF zu psychosozialen Folgen des Lebens in Sammelunterkünften für geflüchtete Kinder

Die Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (BAfF e.V.) hat am 19.05.2020 eine umfassende Recherche zu den „Psychosozialen Folgen des Lebens in Sammelunterkünften für geflüchtete Kinder“ veröffentlicht. Für die Publikation hat der Verband Praxisdialoge mit insgesamt 27 Personen ausgewertet und auf Risiko- und Schutzfaktoren für die psychische Gesundheit geflüchteter Kinder geprüft.

Aus den Ergebnissen der Recherche leiten die Autorinnen dringenden Handlungsbedarf ab. Bereits während der Erhebung 2019 hätten sich durch die Isolation der Familien auf engstem Raum, die Fremdbestimmung und die massive Unterversorgung psychisch erkrankter Personen besorgniserregende Konsequenzen für den Gesundheitszustand und das Kindeswohl abgezeichnet. Bewohner*innen schilderten eindrücklich, wie sehr sie darunter litten, dass es für ihre Kinder keine sicheren Rückzugsräume und keine Ruhe zum Lernen oder zum Spielen gibt. Angst und bedrohliche Situationen gehörten in großen Massenunterkünften zum Alltag.

Traumatisierte Kinder würden in der Regel nicht oder erst bei extrem zugespitzten Verläufen erkannt – und auch dann kann allenfalls mit Beharrlichkeit, Glück und externer Unterstützung die Hilfe eingeleitet werden, die eigentlich durch die Betreuungsstrukturen zugänglich gemacht werden müsste.

Angesichts der Corona-Krise verstärke sich der Einfluss dieser Risikofaktoren um ein Vielfaches. Zugleich brächen auch die letzten Schutzfaktoren weg, die manchmal durch Freizeitangebote oder externe Versorgungsstrukturen Stabilität gegeben hatten.

Besonders begrüßenswert sind die folgenden Handlungsempfehlungen für eine traumasensible, kind- und jugendgerechte Unterbringung, die die BAfF aus den Befunden ableitet. Diese greifen auch viele Forderungen des Paritätischen auf:

  • Reduktion der max. Aufenthaltsdauer in Sammelunterkünften auf ein Minimum
  • dezentrale Unterbringung
  • Identifizierung besonderer Schutzbedürftigkeit
  • feste Verankerung niedrigschwelliger, psychosozialer Beratung (mehr als Sprechstunde 1x/Woche)
  • Gleichbehandlung von Flüchtlingskindern mit allen Kindern im Zugang zum Gesundheits- und Sozialsystem
  • Finanzierung der Sprachmittlung
  • fest verankerte, finanzierte Angebotsstrukturen für Kinder, Jugendliche (mit pädagogischem Fachpersonal) und Erwachsene
  • Selbstbestimmung im Alltag (Essen, kein Sachleistungsprinzip, freie Arztwahl)
  • Zugang zu regulären Bildungseinrichtungen (Kita, Schule) und Sprachkursen
  • Monitoring der Unterbringungsbedingungen
  • Kindgerechte Rückzugsräume (zum Spielen und Lernen)
  • Sicherheitsstandards für Schutzräume, abschließbare Zimmer
  • Unterstützung ehrenamtlicher Angebote zur sozialen Integration
  • Aktives Vorgehen gegen Diskriminierung

Weitere Informationen zur Publikation: